Festtagstraditionen sind quasi die Streusel auf dem Butterkuchen. Ohne sie hätte eine Festlichkeit nur wenig Struktur und vor allen Dingen kaum Reichweite:
Ist es nicht gerade das Bewusstsein, dass schon zig Generationen vor uns ähnlich gefeiert haben, das dem Fest eine gewisse Tiefe verleiht?
Das Besondere an Traditionen ist, dass sie nebenbei vermittelt werden. Kinder durchlaufen in ihren Familien Feiertage und lernen ganz selbstverständlich Liedergut und Brauchtum kennen.
Ein, zwei Oster-Bräuche kennt fast jeder. Trotzdem kann es lohnend sein, einen Blick über den eigenen familiären Tellerrand zu riskieren und ein bisschen „Traditionen-schnuppern“ zu betreiben. Wir haben hier einige Oster-Bräuche Deutschlands zusammengetragen:
Oster-Bräuche in der Gesellschaft
- In manchen katholischen Gegenden Deutschlands bleiben die Kirchenglocken zwischen Karfreitag und der Osternacht stumm: Den Kindern erklärt man diese Stille damit, dass die Glocken einen Ausflug nach Rom unternähmen, um auf ihrem Rückweg Süßigkeiten in den Gärten zu verstecken.
- Einige Gemeinden im südlichen Deutschland pflegen die Tradition, Kinder und Jugendliche mit Ratschen durch die Ortschaft zu senden, um zum Gottesdienst aufzurufen.
- Am Gründonnerstag und Karsamstag finden mancherorts Speisensegnungen statt.
- Das so genannte Osterlachen wird in einigen Regionen Bayerns gepflegt: Es markiert den Versuch des Priesters die Gottesdienstbesucher in der Osterpredigt zum Lachen zu bringen. Dieser Brauch existiert seit dem 14. Jahrhundert und hat den Zweck, die Osterfreude zum Ausdruck zu bringen. Im Mittelalter erzählte man von der Kanzel herab eine lustige Geschichte, das Ostermärlein. Als netten Nebeneffekt konnte man auf witzige Art Kritik an weltlicher und kirchlicher Obrigkeit üben. Ein Überbleibsel dieser Tradition sind Faschingspredigten, die am Sonntag vor Aschermittwoch stattfinden. (In der Reformation stieß das Ostergelächter übrigens auf scharfe Kritik, waren die Geschichten doch häufig mit lustigen, aber obszönen Handlungen gespickt. Dies ist vermutlich einer der Gründe für den Rückgang dieses Brauchs.)
- Traditionsreich ist auch die Osterkerze, eine aus gebleichtem Bienenwachs, am Osterfeuer bereitete und geweihte Kerze. Erste Zeugnisse dieses Brauches stammen aus dem 4. Jahrhundert. Die Osterkerze geht vermutlich auf einen heidnischen Ursprung zurück und wurde dann christlich umgedeutet: An die heidnische Tradition des Brandopferns angelehnt wurde die Kerze zum Sinnbild des Leibes Christi.
- Das Osterrad ist ein hölzernes Feuerrad, das man des Nachts einen Hügel herabrollt. Bis zu 300kg können diese massiven Holzräder bemessen. Wenn das Rad seinen Weg bis an den Fuß des Hügels findet, deutet dies dem Volksglauben nach auf eine gute Ernte hin.
Oster-Spiele
- Dem so genannten Eierschibbeln wird in verschiedenen Teilen Deutschlands nachgegangen (in Bayern wird es in leicht abgewandelter Form als Oarscheim bezeichnet). Es handelt sich dabei um einen Wettbewerb, bei welchem Eier auf dünnen Leisten einen Abhang hinunter gerollt (geschibbelt) werden. Eierschibbeln oder Eierschieben hat beispielsweise in Bautzen eine lange Tradition: Über 400 Jahre soll der Brauch bereits zählen und ursprünglich der Verkostung ärmerer Familien gedient haben: So rollten Kinder begüterter Familien angeblich Eier und andere Gegenstände den Hang herab, welche dann von Bedürftigen aufgefangen wurden.
- Das Ostereiertitschen hat zahlreiche mundartlich geprägte Namen: Zwei Spieler nehmen jeweils ein hart gekochtes Ei zur Hand und schlagen abwechselnd die Spitzen der Eier aneinander. Ziel ist es, die Schale des anderen zu zerbrechen, ohne die eigene zu beschädigen.
Das schönste an gesellschaftlichen Traditionen ist ja, dass man sie familienspezifisch abändern kann. Teilweise entwickeln Familien auch ganz eigene Osterbräuche.
Bild: Osternest von Petr Kratochvil