Der französische Philosoph Jean-Jacques Rousseau sagte einmal: „Man muss viel gelernt haben, um über das, was man nicht weiß, fragen zu können.“ Er hatte begriffen, dass es ein Mindestmaß an Information voraussetzt, die „richtigen“ Fragen zu stellen.
Fragen sind jedoch nicht nur Mittel zum Zweck. Zwar verfolgen sie oft das Ziel, Informationen in Erfahrung zu bringen, doch können sie noch viel mehr, schließlich gibt es sie in unterschiedlicher Ausprägung. Die berühmten W-Fragen, die man bereits in der Grundschule gelernt hat, sind nur das Fundament. Den Gipfel der Fragetechniken haben bereits die Rhetoriker der Antike erklommen und jeder Jurist oder Journalist muss sich heute mit Einzelfacetten der Fragekunst auseinandersetzen.
Fragen im Business-Leben
Dass Fragetechniken auch im Arbeitsalltag weiterhelfen können, wird spätestens dann klar, wenn man merkt, wie man durch bestimmte Fragearten steuern kann oder unter Umständen auch selbst gesteuert wird.
Wenn ein Gespräch mit Ihrem Vorgesetzen nicht so lief, wie Sie sich das vorgestellt hatten, wenn Sie und Ihre Angestellten offensichtlich aneinander vorbei reden, wenn Sie in Meetings oftmals das Gefühl haben, Ihre Ansichten fänden zu wenig Beifall, dann sollten Sie sich vielleicht mal Gedanken zur Wirkung der in den Gesprächen gestellten Fragen machen.
Welche Fragetypen gibt es?
Die geschlossene Frage:
Wie der Name bereits sagt, eröffnet diese Art des Fragestellens keine Unterhaltung. Erwünscht sind ein einfaches „Ja“ oder „Nein“.
Beispiel: „Kommen Sie im Oktober mit zur Messe?“
Die offene Frage:
Diese Frage ist die perfekte Einladung zum Erzählen. Der Gefragte erhält Raum zum Nachdenken und kann seine Sicht der Dinge präsentieren.
Beispiel: „Wie möchten Sie die Unternehmensziele für dieses Quartal umsetzen?“
Die begründende Frage:
Die Warum- und Weshalb-Fragen können Aufschluss geben, können je nach Thematik aber auch als Angriff aufgefasst werden und Rechtfertigungen nach sich ziehen.
Beispiel: „Warum haben Sie das auf diese Weise gemacht?“
Die präzisierende Frage:
Mit dieser Frage hakt man nach, um einen Sachverhalt besser zu verstehen und nachvollziehen zu können. Journalisten sorgen beispielsweise mit Präzisierungsfragen dafür, dass Politiker einzelne Behauptungen näher erläutern und das eben Gesagte mit Fleisch füllen.
Beispiel: „Wie genau möchten Sie die Arbeitslosenquote senken?“
Die suggerierende Frage:
Diese Fragen unterstellen dem Gefragten eine bestimmte Haltung oder Meinung und drängen diesen damit in eine bestimmte Richtung.
Beispiel: „Sie wollen doch auch ein bisschen was für den 60. Geburtstag vom Chef spenden?“
Die motivierende Frage:
Diese Fragetechnik ist ein wenig heikel, denn wenn man es mit dem Motivierungselement übertreibt, kann die Frage teilweise als Manipulation aufgefasst werden. Manch einer glaubt sogar, man mache sich über ihn lustig. Darum sollte man die Fragetechnik nur anwenden, wenn man tatsächlich hinter dem Gesagten steht.
Beispiel: „Sie sind doch bewandert in diesem Gebiet. Würden Sie die Präsentation übernehmen?“
Die rhetorische Frage:
Das berühmte Mittel des großen Rhetorikers Cicero erwartet keine Antwort, sondern stellt eigentlich eine Behauptung auf, der aufgrund der Frageform eine größere Relevanz zukommt.
Beispiel: „Möchten Sie, dass wir ins Minus rutschen?“
Fragetechniken nutzen – aber wie?
In einer angeregten Unterhaltung ergibt oft ein Wort das andere. Konkrete Fragetechniken zu nutzen, fällt in diesem Fall eher schwer. Bis einem die verschiedenen Fragearten in Fleisch und Blut übergegangen sind, sollte man ihren Einsatz also genau abwägen. Gerade Suggestivfragen oder motivierende Fragen sind nicht für einen inflationären Gebrauch bestimmt, da sie vom Gegenüber als unangenehm aufgefasst werden können Hinterfragen Sie dahingehend Ihren Kommunikationsstil, wenn Sie das Gefühl haben, in Gesprächen negativ wahrgenommen zu werden.
Für den normalen Berufsalltag, insbesondere für Meetings, eignen sich Präzisierungsfragen hervorragend: Durch diese Fragetechnik erweitern Sie Ihr Wissen, zeigen Initiative und überlassen gleichzeitig anderen die Möglichkeit, Ihre Sicht der Dinge darzulegen.
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