Schon wieder ein Meeting, schon wieder Diskussionsstoff, schon wieder überstimmt. Meetings sind nicht nur deshalb so verhasst, weil sie jede Menge Zeit in Anspruch nehmen, sondern auch weil sie mitunter recht frustrierend sein können. Tagesordnungspunkte werden aufgerufen, Entscheidungsvorlagen diskutiert und Argumente vorgetragen. Dumm nur, wenn man nie ein sinnvolles Argument parat hat, wenn es wirklich nötig wäre. Selbst wenn man felsenfest von etwas überzeugt ist, fehlen einem manchmal die Worte, sein Dafürhalten oder seine Bedenken zu formulieren.
Auf Wiedersehen, Sachebene
Gerne würde man in solchen Gesprächssituationen mit Statistiken, Fakten und Erfahrungswerten um sich werfen, um den skeptischsten Kollegen von der eigenen Einstellung zu überzeugen. Keine Chance ohne Fakten, könnte man meinen. Fakt ist aber auch, dass Überzeugungsprozesse nicht nur durch schnöde Zahlen gesteuert werden. Unsere Entscheidungsprozesse sind komplex und werden durch zahlreiche Faktoren beeinflusst. Nicht unerheblich ist dabei die Art und Weise, wie ein Argument vorgetragen wird. Dies hat sehr viel mit der Souveränität und Kompetenz des Sprechers zu tun.
Doch auch emotionale Faktoren spielen eine bedeutsame Rolle. So kann das Gesagte im Zuhörer Erinnerungen hervorrufen und Assoziationen wecken, die dem Argument eine gewisse Schattierung verleihen. Und genau hier setzen Argumente an, die keine ausreichende Fakten-Substanz aufweisen. Man verlässt die Sachebene und argumentiert ohne Statistiken und Zahlen.
Die zwei P’s: Plausibel und positiv
Wenn man uns etwas erzählt, reflektieren wir das Erzählte und hinterfragen es auf seine Plausibilität. Eine solide Argumentation sollte daher glaubwürdig hervorgebracht werden. Hierzu ist es wichtig, sich nicht in Details zu verstricken, sondern sich auf wesentliche Punkte zu beschränken. Des Weiteren muss man der Tatsache gewahr sein, dass man in sämtlichen Mitdiskutierenden individuelle Assoziationen weckt. Nicht nur der Inhalt der Argumente, auch Wortwahl und Ausdrucksweise können solche Gedankenverknüpfungen hervorrufen. Zwar kann man nicht vorhersehen, welche emotionalen Momente und Gedanken man in seinem Gegenüber auslöst, doch ist man grundsätzlich gut beraten, positiv oder neutral besetzte Vokabeln zu wählen. Den Begriff „Überstunden“ könnte man beispielsweise gegen den neutraleren Begriff „Mehrarbeit“ ersetzen.
Diskussionspartner nicken lassen
Wir lieben Zustimmung und unternehmen teilweise die abstrusesten Dinge, um den Beifall unserer Umwelt zu erhalten. In Diskussionen sollte uns die Beistimmung unserer Umgebung besonders wichtig sein, denn nur wenn man seine Diskussionspartner zu innerem Kopfnicken bewegt, kann man auch überzeugen. Rhetorische Fragen eignen sich hierzu besonders gut. Auf die Frage „Unsere Firma war doch von Anfang an ein Innovationsmotor, oder nicht?“, wird wohl keiner mit „Nö. Wie kommst Du denn darauf?“ antworten.
Auch Sprichworte sind gute Möglichkeiten, Zustimmung zu kreieren. Der Clou liegt darin, dass man Topoi nicht mehr auf ihre Plausibilität hin prüft, da man sie bereits kennt und als glaubwürdig eingestuft hat. Viele Sprichwörter oder Zitate verfügen über eine universelle Wahrheit, die man sich und seinem Argument zunutze machen kann. Wird in einem Meeting z.B. die Frage diskutiert, ob man seinen Handlungsradius nicht ausweiten sollte, kann man mit einem Ausspruch des Unternehmers Henry Ford innerliches Kopfnicken hervorrufen: „Wer immer tut, was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist.“
Konkret werden
Sind wir in unserer Argumentation unsicher, schwächen wir das Gesagte häufig durch einschränkende Vokabeln ab oder schieben Sätze nach, die uns als Unwissende kennzeichnen. Besonders Frauen haben häufig mit diesem Problem zu kämpfen: „Ich weiß ja nicht, wie das bei anderen so ist, aber mir kommt unser Bestellprozess halt irgendwie kompliziert vor…aber ich bin auch nicht so technisch begabt.“
Wer sich selbst und seine Expertise klein redet, der wird auch klein wahrgenommen und seine Argumente werden abgeschmettert. Das Statement über den Bestellprozess könnte auch so klingen: „Unser Bestellprozess ist eindeutig zu kompliziert. Es stimmt, dass wir bisher keine Einbußen erlitten haben, aber wir wissen auch alle, dass bei ruhigem Wetter jeder Steuermann sein kann. Mit dem Aufstieg unserer Konkurrenten droht nun aber ein Sturm heraufzuziehen, darum müssen wir alle Facetten des Shops optimieren. Schließlich wissen wir alle: Der Teufel steckt im Detail.“
Übung macht den Meister
Wenn Sie bisher der Meinung waren, dass Sie und Ihre Argumente in Diskussionen kaum Gehör finden oder unzureichend wahrgenommen werden, beginnen Sie damit, Ihre Argumentationsstruktur und Ausdrucksweise zu hinterfragen. Nehmen Sie sich doch einfach mal bei einer Diskussion auf Tonband auf und hören Sie sich ein paar Tage später das Band an. Mit „frischen“ Ohren werden Ihnen Muster auffallen, die Sie verbessern können.
Ansonsten hilft nur eines: Üben. Argumentieren ist Rhetorik und diese ist nicht angeboren, sondern antrainiert. Die besten (oder geschultesten Rhetoriker) sind meist Politiker, da diese häufig in Diskussionen und Debatten verwickelt werden. Tun Sie es Ihnen gleich und fangen Sie an, mitzudiskutieren. Warum gründen Sie nicht einfach Ihren eigenen kleinen Debattier-Club? Suchen Sie sich einen Gleichgesinnten und stellen Sie eine Thematik auf, über die es sich lohnt zu diskutieren. Sie werden dadurch nicht nur Ihre Rhetorik schulen, sondern auch zunehmend Spaß am Argumentieren finden.
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